Heimatgeschichte

Aus der Geschichte der Gemeinde Schledehausen

Die Bewohner des Osnabrücker Landes wurden früher allgemein zu den Westfalen gerechnet. Erst vom 8. Jahrhundert an unterscheidet man Westfalen, Engern, Ostfalen und Nordalbingier, die zusammen den sächsischen Volksstamm bildeten. Das Gebiet um Schledehausen lag im Grenzgebiet zwischen Westfalen und Engern. Als äußeres Zeichen der beiden Siedlungsbereiche schmückten in Westfalen Pferdeköpfe und in Engern ein Geck den Giebel der alten Fachwerkhöfe. Der Kamm des Wiehengebirges bildete vermutlich die natürliche Grenze. Nachdem die Sachsen ihr Land in Gaue eingeteilt hatten, gehörte Schledehausen zum Threcwithi-Gau, der das westliche Osnabrücker Bergland bis zum Kamm des Teutoburger Waldes und wahrscheinlich die spätere Grafschaft Tecklenburg umfasste. Den Mittelpunkt markierte Osnabrück. Schledehausen lag am östlichen Rand des Gaues.

Vom 3. bis 8. Jahrhundert nahmen die Bewohner dieses Gaues wohl auch teil am Kriegsruhm der Sachsen, die sich tapfer gegen die zwangsweise Christianisierung durch die Franken wehrten. Über Irland und England kam das Christentum auf den Kontinent. Immer wieder empörten sich Teile der hiesigen Bevölkerung gegen die Besatzer. Vor allem die Sachsen hinderten die Missionare, in ihrem Land zu wirken. Nach langen, furchtbaren Kämpfen und nachdem die sächsischen Heiligtümer zerstört waren, nahmen die Sachsen das Christentum an. Auch in Schledehausen befand sich aller Wahrscheinlichkeit nach so ein Heiligtum. Hier versammelten sich die alten Sachsen, um an kultischen Handlungen teilzunehmen.

 

Der „Thie“ vor der alten Apotheke

 

 

Der alte Name „Thie“ für den Platz am Gildehaus weist daraufhin, dass hier oder ganz in der Nähe die Vorfahren zur Beratung und Rechtsprechung zusammenkamen. Es ist auch der Ort, wo die ersten Gebäude errichtet wurden: der Meierhof, der Wamhof und die erste aus Holz gebaute Kirche. Die fränkischen Siedlungen, die nun hier errichtet wurden, dienten vor allem der Sicherung des fränkischen Einflusses, der Kontrolle militärisch wichtiger Punkte, dem Schutz der Kirchen und wirtschaftlichen Aufgaben.

Bis zum großen Brand 1781 stand der Meierhof ganz in der Nähe des Steinwerks. Dieser Brand hatte für das Dorf katastrophale Folgen. Fast alle Häuser waren Fachwerkbauten und mit Stroh gedeckt. Außerdem standen sie dichtgedrängt rund um die jetzige evangelische Kirche. Das Feuer entflammte in einem Speicher der Schmiede und äscherte über 60 Häuser ein, darunter Pfarrhaus, Küsterei, Wamhof und  Meierhof.

 

Alter Ortskern mit den Häusern rund um die Kirche

 

 

Zum Meierhof gehörte die abseits gelegene „Hohe Leuchte“. Möglicherweise befand sich hier eine Feuerstätte, von der aus Lichtzeichen weitergegeben wurden. Den uralten Kotten, auf einem Balken steht die Jahreszahl 1607, verzieren an der Giebelseite neun gleichgeformte Radkreise (Sonnenscheiben), die nur soweit dargestellt sind, dass die Nabe mit Achsenloch und fünf Speichen zu sehen sind.

 

Ehemaliges Heuerhaus mit ungewöhnlicher Verzierung über dem Dielentor

 

 

Wie berichtet, zerstörten die Franken bei der Christianisierung die alten sächsischen Heiligtümer. Um aber den Bruch mit der alten Religion nicht noch zu verstärken, bauten sie an diesen Stätten die Gotteshäuser der neuen Religion. Laurentius, nach Petrus und Paulus berühmtester Blutzeuge, wurde der Schutzheilige der ersten Kirche in Schledehausen. Noch heute schaut er von der Spitze des Altars herab, in der Hand hält er eine Nachbildung des Rostes, auf dem er 258 in Rom gebraten wurde.

 

Evangelische St. Laurentius-Kirche mit altem Turm

 

 

Damit die ersten Priester in der feindseligen, äußerst zäh am alten Glauben hängenden Bevölkerung ungefährdet ihren Dienst versehen konnten, standen sie unter dem Schutz eines fränkischen Meiers, der auf seinem Hof zu Anfang sicherlich eine kleine Wachmannschaft befehligte.

                                                

Steinwerk am alten Meierhof

 

 

 

 

 

Das Steinwerk diente als Wehrspeicher, der in der Zeit der Fehden im 14./15. Jahrhundert errichtet worden sein könnte. Er war sowohl Zufluchtsort für die Bewohner des Hofes mit ihrem Gesinde als auch Vorratsspeicher für Korn und Feldfrüchte.
Noch heute trägt das Dach des Steinwerks einen Fisch als Windfeder, der auf das Fischereirecht des Meiers in einigen Gewässern der Umgebung, Wierau und Hase, hinweist.

 

Neuer Meierhof nach dem Brand von 1781 an der Bad Essener Straße

 

 

Das andere Gebäude neben dem Meierhof, das ebenfalls in der Nähe der ersten Kirche stand, war der Wamhof. Bis zum Brand von 1781 stand er zwischen der Großen Straße und Dürerstraße.

 

Neuer Wamhof an der Bergstraße im Zentrum des Ortes

 

 

 

 

Der Name Wamhof lässt sich von wedem = Weihung ableiten und bedeutet: Hof der Pfarre. Der Hof war der Sitz des Schledehausener Geistlichen, der davon Einkünfte bezog. Ob die frühe Ansiedlung rund um die Kirche einen verlorengegangenen Namen führte oder von jeher ebenso hieß wie das benachbarte, später zur Unterscheidung Altschledehausen genannte Bauerndorf an der Schelenburg, ist nicht bekannt. Der Ort für den Bau einer Wasserburg konnte jedoch nicht besser gewählt sein. Er liegt zwischen dem Westermoorbach und der Wierau, die die angelegten Gräben stets mit fließendem Wasser versorgen konnten. Zugleich gaben diese Bäche Gelegenheit zur Betreibung der notwendigen Mühlen, die natürlich zur Burg gehörten. Den ältesten Teil der Burg bildet der rechteckige gotische Turm mit seinen im Erdgeschoss 2,5 m dicken Mauern, der als Gefängnis diente.

 

 Schelenburg

 

 

 

 

Im Jahr 1490 brannte das neben dem Turm stehende strohgedeckte Haupthaus durch eigene Schuld der Burgherrin vollständig nieder. In einer Überlieferung heißt es dazu: „Die Burgherrin war ungehalten darüber, dass ihr Gemahl eines Nachts so lange mit seinen Jagdgenossen zechte. Immer wieder musste sie in den tiefen Schlosskeller steigen, um Wein heraufzuholen. Dabei hantierte sie so unvorsichtig mit dem Kienspan, dass ein großer Brand ausbrach. Tief bekümmert über das Unglück soll sie ihrem Mann dann einen Reitstiefel voll mit Goldstücken gegeben haben, die sie durch kluges Wirtschaften gespart hatte.“

Das Geld muss aber nicht gereicht haben, denn es dauerte volle 42 Jahre, bis der Neubau fertiggestellt war.

Die Burg zu Schledehausen wurde 1090 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. 1396 heiratete die Burgerbin Elisabeth einen Rabodo von Schele und die Burg hieß von nun an Schelenburg.

 

Vereinigtes Wappen von Schele und Schledehausen

 

 

 

 

Nachdem das Christentum bei den Sachsen Wurzeln gefasst hatte, gaben die Bewohner des Dorfes und der umliegenden Bauerschaften dem Druck der geistlichen und weltlichen Macht nach. Sie besuchten regelmäßig in Schledehausen die Messe und wurden brave Christen. Jahrhundertelang lag Schledehausen in einem Dornröschenschlaf. Die fleißige Bevölkerung arbeitete schwer, um trotz der zahlreichen Abgaben an die verschiedenen Grundbesitzer und trotz ihrer Unfreiheit ein kärgliches Leben führen zu können. Doch plötzlich klopfte eine neue Zeit, ein neuer Geist an die Türen und Tore der Schledehauser Bürger.

Es war Hermann Bonnus, der die Reformation in das Osnabrücker Land brachte. Damals lebten die beiden Brüder Caspar und Christoph von Schele auf der Schelenburg. Caspar studierte bei Martin Luther in Wittenberg und wurde ein eifriger Förderer der Reformation in unserer Gegend. Er unterstützte Studenten, beschaffte Schriften von Luther und gab Verfolgten Obdach, denn die damaligen katholischen Bischöfe in Osnabrück versuchten, den neuen Glauben mit allen Mitteln zu unterdrücken. Eine Folge der Reformation war der Dreißigjährige Krieg, der als Religionskrieg begann und in Deutschland fürchterlich wütete. Auch Schledehausen blieb davon nicht verschont. Die Soldateska plünderte, schlachtete das Vieh, brannte Häuser nieder und erschlug viele Bürger und Bauern. Außerdem brach noch die Pest aus, die auch zahlreiche Opfer forderte. Es war ein Segen, als die verfeindeten Mächte 1648 in Osnabrück und Münster Frieden schlossen. Der Friedensvertrag und seine Ausführungsbestimmungen sollten aber für Schledehausen ungeahnte Folgen haben. Es wurde u.a. die Vereinbarung getroffen, dass in religiöser Sicht im Hochstift alles wieder auf den Stand vom 1. Januar 1624 gebracht wird. Zu dieser Zeit hatte Gerhard Giseker das Pfarramt in Schledehausen inne. Er reichte den Gläubigen sowohl das Abendmahl als auch die Kommunion, war verheiratet und hatte drei Kinder. Diese Zustände sind nur aus den Wirren der Zeit zu verstehen. Auf jeden Fall wurde das Kirchspiel für katholisch erklärt, obwohl 1662 nur 40 Einwohner katholisch aber 970 evangelisch waren. Damit begann für die Bevölkerung eine Zeit vieler Konflikte mit staatlichen und kirchlichen Behörden. Die Evangelischen durften keinen öffentlichen Gottesdienst feiern und keine evangelischen Schulen einrichten.

Wie zuvor schon erwähnt, zerstörte eine gewaltige Feuersbrunst fast das ganze Dorf und auch die Kirche mit Turm. Die Kosten für die Wiederherstellung der St. Laurentius-Kirche sollten nun beide Konfessionen tragen. Nun bot sich den Evangelischen die große Gelegenheit, der Landesregierung kundzutun, wie sehr sie über die unhaltbaren Zustände in ihrem Kirchspiel verbittert waren. Sie verweigerten die Renovierung der Kirche, waren aber bereit, ein kleines Kirchlein für die wenigen Katholiken zu bauen. Erst als die Regierung versicherte, ein Simultaneum einzuführen, gaben die Evangelischen nach. Nun war es ihnen erlaubt, neben den Katholiken öffentlichen Gottesdienst zu halten und Unterricht in Schulen zu erteilen. Das Simultaneum begann mit dem ersten Gottesdienst 1803 und endete mit dem Bau einer kleinen katholischen Kirche 1897.

 

Katholische St. Laurentius – Kirche

 

 

 

 

 

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machten sich auch in Schledehausen die gesellschaftlichen Umwälzungen bemerkbar, die in Frankreich stattgefunden hatten. Lebhafter Widerstand zeigte sich, als unter französischer Besatzung der von zahlreichen Gebäuden eingeengte Friedhof, der damals noch bei der Kirche lag, geschlossen und die Beisetzung der Geistlichen und Adligen in der Kirche verboten wurde. Der Freiherr von Schele legte eine Erbbegräbnisstätte auf eigenem Grund an der Straße nach Astrup an. Sie wurde 1825 mit der Beisetzung von Ludwig Klamor von Schele eingeweiht.

 

Schelenfriedhof

 

 

Das ruhige, ländliche Leben nahm wieder Einzug in das Kirchspiel. Es wurde fast das ganze Jahr hindurch schwer gearbeitet und nur ab und zu konnte man sich von der harten Arbeit erholen. Gelegenheit dazu boten die Markttage, die auf dem Thie abgehalten wurden, und die Kirmes.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Fortschritt auch in Schledehausen spürbar. Im Jahr 1863 wurde die Postverbindung von Wittlage über Bad Essen, Schledehausen und Wissingen nach Osnabrück eingerichtet. 1872 eröffnete eine Postagentur und  ab 1883 gab es eine Fernsprechverbindung. Die Sparkasse der Samtgemeinde nahm 1867 ihre Geschäfte auf und förderte die wirtschaftliche Entwicklung im Kirchspiel. 1900 und 1912/13 baute der Norddeutsche Naturheilverein ein Sanatorium auf dem Berg, das für ein Aufblühen des Fremdenverkehrs in Schledehausen sorgte. Im Mittelpunkt der Naturheilbewegung standen die Heilkräfte der Natur wie Licht, Luft, Wasser und gesunde Ernährung.

                  

Sanatorium Schledehausen                               

 

 

Elektrisches Licht und eine Wasserleitung erleichterten nun das tägliche Leben. Außerdem ließ die Gemeinde 1927 eine Badeanstalt bauen und kaufte 1929/30 den oberhalb der beiden Kirchen gelegenen Bürgerpark.                          

 

Waldbad Schledehausen

 

 

 

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs spürte der Ort zunehmend, was es bedeutet, im Krieg leben zu müssen. Immer mehr junge Männer aus dem Kirchspiel Schledehausen wurden zur Wehrmacht eingezogen und viele von ihnen kehrten nicht zurück. Zeugnis davon geben 330 Namen auf Sandsteintafeln vor der Friedhofshalle.

Ein besonders schwerer Schicksalsschlag traf das Dorf am 6. Oktober 1942, als zahlreiche Bomben Häuser im Unterdorf und am Thie in Schutt und Asche legten und ein Kleinkind dabei getötet wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt es zunächst, die vielen Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten zu integrieren. Notwendiger Wohnraum entstand durch die Erschließung immer neuer Baugebiete. Die Infrastruktur wurde verbessert und Hotels und Privathäuser boten wieder Zimmer und Ferienwohnungen an. Neue Schulgebäude, Kindergärten, Sportanlagen, Kurgarten und Freizeitangebote lockten immer mehr Neubürger nach Schledehausen. Der Ort präsentierte sich 1990 „lebenswert und liebenswürdig“, wie ihn der Heimat- und Verkehrsverein anlässlich des 900jährigen Bestehens beschrieb.